Lagunenroute, Bolivien

 

 

Einreise und nördlicher Teil der "Baja" (vom 26.11.2016)

Calexiko liegt noch so gerade in den USA während Mexikali bereits zu Mexiko auf der "Baja" gehört. Das Vorgehen an der Grenze ist ziemlich unstrukturiert, so wie wir es erwartet haben. Vorgewarnt folgen wir dem Schild "Last U-Turn to USA" und parken zurück in Calexico, um irgendwie unseren "I94"-Eintrag" der USA im Reisepass loszuwerden. Das Zollgebäude darf ich durch die Hintertür betreten und lande hinter einem Immigrationsschalter, an dem hunderte Mexikaner warten. Der Beamte ist so freundlich und kümmert sich gleich um unseren seltenen Wunsch. Er entfernt mit seinem Leatherman unsere Ausreisekarten und überträgt unsere Ausreise später hoffentlich auch ordentlich in die amerikanischen Zollakten.

Weiter zur mexikanischen Grenze. Kein amerikanischer Zoll weit und breit!
Als wir gesehen werden, macht ein Mexikaner sofort eine weitere Spur auf und und ein aufmerksamer Immigrationsbeamter kommt schon auf uns zu. Die "formelle" Untersuchung unserere Wohnkabine ist kurz. Ob wir einen Hund hätten? Als wir auch noch die Frage nach Waffen veneinen und sagen, dass wir keine Amerikaner, sondern Europäer sind, entflammt ein weiteres Licht in den Gesichtszügen des Zöllners. Er schmunzelt und sagt, dass Mexikaner die Amerikaner wegen ihrer Waffengesetze schon für etwas speziell halten. Sicher tut der immer noch aufflammende, so genannte "Drogenkrieg" einiges dazu bei. Danach beschränkt sich die Untersuchung der auf Oberflächlichkeiten. Nur zwei Oberschränken wird ein flüchtiger Blick geschenkt. Interessanter ist schon die Karte mit unserer bisherigen Reiseroute auf dem Kühlschrank.
Dann zur "Immigration". Wir zwei erhalten, je für 400 Pesos (20/25 US-Dollar) in astronomischer Geschwindigkeit die Einreisegenehmigung nach Mexiko für ein halbes Jahr. So schnell, dass wir noch einmal zurück müssen, denn in der Eile hat der Grenzbeamte in einem unserer Pässe den Einresestempel vergessen. Kein Problem und vielfache Entschuldigung!

Wir sind mit unserem Auto bereits im Land, allerdings muss dieses für Reisen außerhhalb der "Baja" nach Mexiko noch importiert werden. Das geht hier zwar nicht, aber am 10 km entfernten Grenzübergang, der schon vorher  "für LKW obligatorisch" ausgeschildert war. Entlang der Grenze führt in Mexicali eine Straße durch ein Wohn- und Gewerbegebiet, Etwa 10 Kilometer. An der Grenze finden wir auf Nachfrage das Gebäude der staatlichen (ist in Mexiko aber Vieles) Bank "Banjercito". Bei dieser findet der Import statt. Wohnmobile oder "Big Rigs" im amerikanischen Sinne bekommen 10 Jahre Aufenthalt in Mexiko genehmigt und müssen keine Kaution zahlen. Unser Auto sei zu klein und es sei ja nur ein kleiner Pickup. Wir laden den "Bankier" ein, um Flur, Küche, Wohn- und Esszimmer, Schlafzimmer und Badezimmer zu besichtigen, aber es hilft nichts. Alles zu klein, ein Wohnmobil sieht anders aus, ist einfach größer! Als wir ihm erklären, dass das in Europa aber wegen der engen Straßen gar nicht anders geht und ihm sagen, dass Kabine und Pickup miteinander fest verschraubt sind, lässt er sich zu einem Telefonat mit seinem Chef hinreißen. So ist unser Auto bis 2026 in Mexiko importiert und eine Kaution fällt weg. So - erstmal geschafft!

Mexicali ist tagsüber keine so richtig unangenehme Stadt, wie man oft hört, aber es ist natürlich alles etwas "südländischer". Pesos abholen ist am ATM kein Problem, aber in Mexiko kann weniger mit der Karte erledigt werden, so besorgen wir uns etwas "Cash". Dann geraten wir in eine mexikanische Trauerfeier. Die Kreuzungen auch auf Hauptstraßen werden von Privatleuten gesperrt, lautes Gehupe der Trauergemeinde, die aus fast hundert Fahrzeugen besteht. An der Kreuzung wird der Umzug mit dem Handy gefilmt, um ihn für sich oder für weiter entfernt lebende Angehörige festzuhalten. Jeder repektiert die Ehre des Verstorbenen, der in einem bunt geschmückten Wagen vorausfährt. Es wird spät und nach "Pacific Time" wird es kurz nach fünf bereits dunkel. In der Dämmerung geht es auf der relativ wenig befahrenen MEX5 gen Süden.

Erste Nacht in Mexiko. Zu lange wollen wir nicht im Dunkelen fahren, also fragen wir gut 100 km nach der Grenze an dem einzigen "Motel" weit und breit, ob wir auf dem Parkplatz übernachten dürfen. Kein Problem! Das "Motel" war wohl mal eine staatliche Pemex-Tankstelle und hat vielleicht zwei Zimmer. Wir kaufen bei dem freundlichen Paar einige Kleinigkeiten und haben eine ziemlich ruhige erste Nacht in Mexiko.
 
Morgens gehen wir auf einen nahe gelegenen Hügel und können das einsame Flachland des Coloradodeltas und die Berge auf der Baja bestaunen. Wir erleben eine grandiose Berglandschaft an der Küste zum Kalifornischen Golf, die sich mit Wüstenabschnitten abwechselt. Wirklich eine Wüste im Meer! Zunächst sind große Teile der hiesige Küste durch Zufahrten oder Zäune als "privat" markiert. Wir müssen uns aber auch etwas "eingucken". Hinter dem kleinen Containerdorf "Puertocitos" finden wir gegen Mittag einen Piste zu einem Vulkan- und Salzstrand. Dort verbringen wir den ganzen Tag völlig alleine mit Faulenzen, Herumschlendern und Fliegen verjagen. Die Straße ist weit weg.

Hier heißt die Straße nur noch "BCN5" (Baja California Nord) und ist auf den letzten zwei Stunden zur MEX1 noch im "Originalzustand", das bedeutet irgendwas zwischen Schitttempo und 40 km/h. Stellenweise wird mit riesigen Maschinen an einer neuen MEX5 gebaut. In knapp zwei Jahren soll es soweit sein. Auf diesem ungastlichen Stück Staubstraße treffen wir zwei Radler, die gerade pausieren: Kirstin aus dem Schwabenland und Ryan aus Fairbanks, Alaska. Die zwei sind mit dem Rad aus Alaska entlang der "Panamericana" hierher geradelt und wollen weiter südwärts, und noch bis nach Feuerland! Wir krass ist das denn???
Ein Abstecher von der MEX1 führt uns direkt in den Kakteenwald. Gleich neben den ganz großen Kakteen wachsen kleine, farbige Arten. Ein weiterer Abstecher zur "Bahia de los Angeles" dauert dagegen zwei Tage. Wir landen auf dem einfachen Campground "Dagget's Beach Camp". Das Wasser wird aus einer Quelle angekarrt, aber es gibt Toiletten und eine warme Dusche. Wir machen schöne Strandspaziergänge und genießen den faulen Tag!

Tags drauf geht es wieder hinüber zur MEX1. Wir fahren inzwischen in unsere vierte Militärkontrolle. Nerviger als die Mautstellen auf französischen Autobahnen, aber bisher für uns kostenlos.
Dann - wir ahnten es schon fast - holen wir Kirstin und Ryan mit ihren Rädern auf der Hauptroute erneut ein. Wieder tauschen wir uns aus und hoffen auf ein weiteres Wiedersehen an der Bahia Conception. Dannn wechseln wir in die Provinz "Baja California Sur". Ein hoheitlicher Akt, denn unser Auto muss gründlich desinfiziert werden. Der ganze Spaß kostet 20 Pesos (1 EUR). Der Desinfektionssachverständige nimmt den Geldschein entgegen, fragt uns, ob wir Früchte dabei hätten, so als wolle er kein "Ja" hören und nimmt die Anlage in Betrieb. Wir können losfahren. Wir überfahren dabei eine Art Gulli, aus dem leichter Dampf wabert. Wir schnell wir fahren, ist uns überlassen. Auf jeden Fall können wir so ganz sicher sein, keinen Schmutz auf die "Südbaja" gebracht zu haben. Sicher ist sicher!

 

Südbaja (vom 01.12.2016)

Mit einem Einkaufsstopp im mexikanischen "Supermarkt" besuchen wir den Ort Guerrero Negro. Für heute zu ist es uns zu weit bis zur Küste am Golf von Californien. Wir probieren daher eine Servicepiste entlang einer Stromleitung und finden einen richtig schönen Fleck mitten im Kakteenwald, einen Kilometer von der MEX1 entfernt. Das Frühstück wird von Kolibris und Schmetterlingen begleitet.

In Santa Rosalia verwandelt sich die MEX1 (!) in eine ruppige Piste, die aber nach dem "Gewerbegebiet" wieder besser wird. Der Ortseingang ist wenig attraktiv, das Bild ändert sich bei der Ortsdurchfahrt wenig. Einkauf und Rundgang sind also schnell erledigt. Der Ort Mulege liegt am gleichnamigen Fluß. Mit Süßwasser können sogar Felder bewässert werden. Palmen wachsen hier in aller Pracht und säumen das Ufer.
Durch eine einsame Berglandschaft erreichen wir den ersten Strand der Bahia Conception. Sehr schön und offen, aber besonders wurde uns der Coyote Beach etwas weiter südlich empfohlen. Südseeflair mit Palmen, Delfinen, gejagten Fischschwärmen, fliegenden Fischen und jagenden Pelikanen erwartet uns. Die wenigen Strandnachbarn kommen seit Jahren hierher.
Es ist ein richtiger Urlaubstag! Am nächsten Tag gehen wir ein wenig wandern und genießen ganz einfach den Tag. Und kurz vor Sonnenuntergang kommt auch noch die Feuerwehr! Verena und Tom haben uns gefunden. Aus einem schönen Abend wird noch ein weiterer gemeinsamer Tag mit Ölwechsel am Kurzhauber und einem richtig lebendigen Erlebnisaustausch. Und dann dieser traumhafte Lavazza-Kaffee, danke Verena!
Das Wasser ist einladend und Warm. Ende November in ein türkisfarbenes Meer zu steigen, das gefällt uns sehr!
Unsere kanadische Nachbarin bereitet gerade ein Lichtevent vor. Die gesamte Bucht wird zu Weihnachten und zu Neujahr durch 500 gebastelte Lichter in Papiertüten in festlichem Glanz erstrahlen. Schade, dass wir das nicht miterleben werden!

Wir fahren weiter entlang einer abwechselungsreichen Küste am Golf von Kalifornien. Loreto ist ein Ort, der sich einen touristischen Anstrich gibt. Ein wenig Promenade und ein paar Yachten, aber immer noch mehr Fischerboote als Yachten!
Die MEX1 verwandelt sich in eine sehr, sehr lange Baustelle, deren Umfahrungen sehr "kreativ" angelegt werden. Keinem Europäer würden man solche Baustellenumfahrungen anbieten. Obwohl große Bodenfreiheit notwendig wäre, schrappen die Mexikaner ohne zu klagen auch mit flachen PKW über diese Pisten. Kreativ sind bisweilen auch die Autos: ist der Tank undicht oder die Benzinpumpe defekt, stellt man einen Plastikkanister aufs Dach, fixiert ihn mit einem Gurt, legt einen Schlauch nach unten, flext ein Stück Motorhaube heraus und führt den neuen Benzinschlauch zum Vergaser. Was machen wir Deutsche uns das Leben schwer!

Bei einer der Militärkontrolle werden ich dann in der Wohnkabine von dem Jungen um einen Satz AAA-Batterien angehauen. Wenn das Schule macht, denke ich mir und verstehe plötzlich kein Wort mehr. Ich fasele irgend etwas von großen Batterien in unserem Auto. Als es ihm zu lästig wird, schaut er pflichtgemäß in den gleichen Schrank, den schon alle seine Vorgänger sehen wollten und wir können weiter.

16 Kilometer Holperpiste sind es zur Pazifikküste bei dem Punkt "El Conejo". Drei Fischerboote und zwei verfallene Hölzhütten dienen Fischern als Stützpunkt.
Einen traumhaften Küstenabschnitt haben für uns. Hinter den Dünen ist die Sandpiste in mehreren Kartenwerken als "gelbe Straße" ausgewiesen. In zwei Tagen zählen wir ganze drei Fahrzeuge!

In La Paz legen wir einen Servicetag ein und wollen im 10 km nördlich gelegenen Hafen Pichilingue ein Fährticket erweben. Das geht zwar heute so nicht, aber wir können eine Reservierung vornehmen. Das geht auf mexikanisch mit einem kleinen, blauen Notizzettel, auf die freundliche Damen einen Namen und den Wochentag (ohne Datum!) notiert - fertig ist die Reservierung!
Für Trinkwasser gibt es so genannte "Purificadas", die gefiltertes Wasser verkaufen. Der Ablauf ist zügig und vertraueserweckend. Das Wasser kostet wenig. Wir trennen immer zwischen Tankwasser und Trinkwasser.
Ivette und Daniel, unsere welterfahrenen Franzo-Australier, treffen wir überraschend beim Einkaufen wieder. Die Baja (und die Welt) ist klein! Dann auf zu einem Campground. Neben Waschmaschine, Wasser und Internet gibt es hier auch ein Wiedersehen mit unseren Australiern und dann auch noch mit Verena und Tom.

Wir starten eine Schleife auf der grünen Südbaja. Der erste Platz liegt an einem tollen Strand am "Cabo Pulmo". Unser Platz ist in der Mitte der Bucht mitten auf dem Kiesstrand! Nur am Südende ist ein wenig Sonntagsbetrieb.
Dann überqueren wir am "Tropic of cancer monument" den Wendekreis des Krebses. Den Bereich zwischen dem nördlichen und dem südlichen Wendekreis bezeichnet man als "die Tropen".
Die weitere Südküste ist voll mit Hotels, Hotelbaustellen und Zulieferern von Hotelbaustellen. Davor eine türkisgrüne Küste mit tollem Sand, Strand und Sonne. Für Hoteltouristen sicher nicht so schlecht, immerhin gibt es eine Kulisse durch schöne Felsbögen am südlichsten Punkt der "Baja", dem "Cabo San Lucas". Doch wir haben gerade keine Lust auf Stadt und Stadtstrand. Nur dreißig Kilometer nördlich finden wir das Paradies, nur wir und das Meer! An einer eigenen Bucht. Eine Strandbucht am Pazifik von etwa 800 Metern Länge, die wir zwei Tage lang mit gar niemandem teilen müssen. Herrlich!

Für Mittwoch hatten wir ja die Fähre zum Festland nach Mazatlan reserviert. Wie durch einen Zufall treffen wir nochmal Uli und Sabine und tauschen unsere Erlebnisse seit Kalifornien aus. Unsere deutsche Pünktlichkeit, um 13:59 Uhr am Fährhafen zu sein interessiert hier niemanden. Unser Auto wird gar nicht durchsucht, wir müssen nur den Import unseres Autos nachweisen und werden weiter gewunken. Auf der Waage hat unser Auto 350kg Übergewicht und ist plötzlich 30 Zentimeter länger als noch zuhause. Trotzdem kommen wir zum PKW-Tarif durch. Alles egal! Die Leute von der Polizei und von TMC-Ferries sind äußert freundlich und bemüht! An Deck sehen wir viele Pelikane, die sich für ihr Abendessen pfeilartig in das Hafenbecken stürzen. Dann legt das Schiff ab und wir verlassen in der farbenfrohen Dämmerung die "Baja".
Die Fähre ist definitiv kein Kreuzfahrtschiff, dafür können wir am Abend eine ordentliche, aber definitiv von Seemännern geprägte Küche in dem kleinen Aufenthaltsraum genießen. Das Essen wird nicht bestellt, der Koch bestimmt, was du bekommst! Manche bekommen Fleischbällchen mit Irgendwas, wir bekommen einen Fisch mit einem Gemüsereis und Bohnenmus. Dazu wird eine warme Tortilla in einer schwarzen Platiktüte serviert, die ihren Geschmack möglicherweise von dem gelblichen Handtuch hat, in das sie eingeschlagen ist. Die frischen Peperoni und Limonen helfen unserem Magen. Nur zur Sicherheit dient der abschließende Tequlla in unserer Wohnkabine. Am besten schläft man ja im eigenen Zuhause!