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Argentiniens Atlantikküste

Weiter nach Norden kommt dann erstmal: Nichts! Aber ein anderes "Nichts". Weniger Steppe und mehr Pampa, beides Synonyme für "Nichts".

Daher ist hier Gelegenheit, von den beiden wahren Helden der Argentinier zu berichten: Gauchito Gil und Difunta Correa. Beide haben einige Gemeinsamkeiten: sie werden von den Argentiniern als Nationalheilige verehrt, beiden baut man Gedenkstätten und sie sind vor allem für die Reisenden (vor allem LKW-Fahrern) da, können aber eigentlich fast alles. Zu ihren beiden Heimatorten gibt es jährlich Prozessionen mit Hunderttausenden Besuchern.

Gauchitos Kapellen erkennt man an der roten Farbe und den roten Fähnchen. Er ist als Märtyrer im 19. Jahrhundert hingerichtet worden. Sein Henker hat nach Gauchitos Prophezeiung über seinen Sohn die erste Gedenkstätte errichtet. Heute ist seine Hilfe nicht nur in seiner Heimatprovinz Corrientes, sondern im ganzen Land gefragt.

Difunta hingegen ist auf der Suche nach ihrem Gatten, der in den Krieg gezwungen wurde, in der Wüste verirrt und verdurstet. Ihr Kind hat aber an ihrer toten Brust Milch bekommen und überlebt. Auch sie wird mit Kapellen verehrt, an denen Mengen an Plastikwasserflaschen abgelegt werden, damit niemand dasselbe Schicksal erfahren muss.

Wie sieht das in der Praxis aus? Nehmen wir an, du hast ein Problem. Sagen wir, dein Brunnen ist plötzlich trocken. Wenn du denkst, Gauchito kann dir helfen, baust du eine schöne, rote Kapelle mit vielen roten Fähnchen und einer Gauchtitopuppe darin. Am besten noch eine passende Gabe hinein, im Falle des Brunnens vielleicht ein Reststück der Eimerkette und schwupp - ist der Brunnen wieder voll!

Wir machen halt an einem netten See, den wir über eine  vier Kilometer lange Staubpiste erreichen. Wunderschön, Kategorie "Elfrather See", aber ohne weitere Menschen. Dafür aber tausende (!!!) von Papageien, die sich laut schnatternd in den Bäumen und Büschen aufhalten. Als wir nach einer regenreichen Nacht morgens wieder zur Straße aufbrechen, hat sich die Staubpiste in ziemlich üblen und tiefen Schlick verwandelt, den wir nur mit Allrad passieren können.

Wir reisen nach Osten und finden bei Neacochea ein sehr schönes Stück Küste, das wir zwei Tage lang ausgiebig genießen. Auch hier schwirren unzählige grüne Papageien mit gelber Brust und rotem Fleck über unsere Köpfe hinweg.

Mar del Plata ist eine Touristenhochburg und sogar bei unserem Besuch in der Nichtsaison sehen wir noch viele Urlauber. Mit den großen Hotelbauten an der Wasserfront erinnert die Stadt etwas an Knokke in Belgien. Trotz dieses schrecklichen Vergleichs gefällt es uns hier besser. Aber auch hier gibt es alte Häuser mit Natursteinfassaden, schamlos eingerahmt von Betontürmen. Der Strand ist durch Buhnen eingeteilt und lädt nicht gerade zu einem Strandspaziergang ein. 

Gut hundert Kilometer nördlich sieht die Sache schon anders aus. Am Punta Medanos treffen wir auf einen freien Strand scheinbar ohne irgendwelche Beschränkungen. Es ist Sonntag und einige Hobby-Motorsportler trainieren hier mit Quad und Motorrad. Sie haben sich einen mehr als vier Kilometer langen Parcour durch die Dünen eingerichtet. Teilnehmen kann jeder. Der Strand und die Dünen laden aber auch zum Faulenzen und zum Wandern ein. Am Leuchtturm ist ein kleines Wäldchen, in dem sich unzählige Sittiche laut schnatternd aufhalten. Diese Vögel waren uns schon auf der Fahrt hierher an der Straße mehrfach durch ihr gelbgrünes Gefieder und ihren Flug in kleinen Gruppen aufgefallen.

Die Argentinier stehen auf Schilder. Jeder noch so kleine Spazierweg n den Nationalparks bekommt ein Schild mit Höhenprofil und anderen Infos. Aber auch die Schilder an den Straßen sind zum Teil recht kreativ. Einer unserer Favoriten ist:

    "EN DIAS DE LLUVIA AGUA SOBRE CALZADA" 

frei zu übersetzen mit: 

    "BEI REGEN IST MIT NASSER FAHRBAHN ZU RECHNEN!"

was unseren Beobachtungen durchaus entspricht. Großes Lob also für den Oberschilderplaner! Aber auch andere wertvolle Hinweise finden sich am Straßenrand.

Im gesamten lateinamerikanischen Raum verbreitet ist:

    "CURVAS PELIGROSAS" 

zu deutsch: 

    "GEFÄHRLICHE KURVEN!"

Wer kann denn dabei ans Autofahren denken?