Lagunenroute, Bolivien

Washington und die olympischen Berge (vom 04.09.2016)

Den neunundvierzigsten Breitengrad haben wir also problemlos passiert. Wie dreckig muss es einem eigentlich ergangen sein, wenn man froh ist, in einem amerikanischen Supermarkt einkaufen zu können? Naja, nicht wirklich froh, aber es ist immerhin anders. Übrigens sagt man tatsächlich Kanadier und Amerikaner. Kanadier möchten nicht gern Amerikaner genannt werden!
Auf schmaler Küstenstraße geht es für die erste Nacht zum Campground auf einem State Park. Vorher haben wir 35 Gallonen Diesel getankt und mussten nach 1 1/3 Meilen abbiegen. Außerdem wurde uns eine Temperatur von 60 Grad verheißen, doch es wurde nicht wirklich warm. Gut, dass nicht auch noch Linksverkehr herrscht.
Den Weg um Seattle und Tacoma herum kürzen wir mit der Fähre von Keystone nach Port Townsend für nur 17 Dollar um etwa 160 Meilen ab. Wir befinden uns in einer norddeutschen Ostseelandschaft. Auch die Temperatur passt. Am nördlichen Kap liegt Fort Warden, ein strategischer Ort. Dieser wurde aber im letzten Jahrhundert nach und nach zurückgebaut. Heute kann man hier die recht hübschen Kasernenhäuschen als Ferienwohnung mieten. Camping gibt es im Wald oder am Strand auf dem Truppenübungsplatz. Der angrenzende Artelleriehügel lässt sich mit all den alten Betonbatterien bei einer kleinen Wanderung besichtigen.
Autofahren ist leider wieder wie in Deutschland. Wir hatten uns so an die entspannten und geduldigen Kanadier gewöhnt! Autofahrer biegen genauso knapp auf wie in Deutschland, wo ein Kanadier nicht mal mit dem Gedanken gespielt hätte, den Fuß zum Gaspedal zu führen.
Port Angeles wirbt mit einer historischen Waterfront, aber höchstens ein Haus ist richtig alt. Spontan enscheiden wir uns für den Wal-Mart als Übernachtungsplatz. Es regnet und es ist schon spät. Und dann passiert das fast Unmögliche: Andrea und Jonas, die wir schon bei der Fahrzeugabholung in Halifax getroffen hatten, parken neben uns ein! Die beiden hatten eine völlig andere Route, waren noch bis nach Alaska hinauf und sind gerade mit der Fähre in Port Angeles angekommen, nicht über Port Townsend. Das gibt es doch gar nicht! Der Kontinent ist so groß und hat so viele Möglichkeiten! Der Nacht wird kurz und am Morgen setzen wir die Gespräche beim Frühstück fort. Dann unternehmen wir eine gemeinsame Fahrt und Wanderung im Olympic Nationalparc. Da die beiden am Abend eine Einladung zu einem VW-Bus-Trefffen in der Nähe bekommen haben und wir noch nach Westen in den olympischen Regenwald wollen, geht es gesondert weiter.
Unser einsamer Übernachtungsplatz an der Straße von Juan de Fuca, zwischen Vancouver Island und Washington, zaubert uns noch eine schöne Abendstimmung. Am nächsten Morgen ist es ziemlich nebelig. Es hat also wenig Sinn, zum Cape Flattery hinaus zu fahren, um Seehunde oder Wale zu beobachten. So entschließen wir uns, weiter zu fahren über den Twilight-Ort "Forks". Zumindest wurde das Buch für den Ort Forks erdacht und man schlachtet das hier ganz ordentlich aus. Grund war die enorme Regenmenge, die hier niedergeht. In diesem Jahr zeigt die Skala schon gut sechs Fuß (also etwa 1830 mm) und es ist erst Anfang September. Gefilmt wurde dann allerdings aus Kostengründen überwiegend in Oregon.
Wir fahren das Hoh-Valley hinauf in den Regenwald der olympischen Berge und bekommen einen Vorgeschmack auf die richtig großen Bäume. Schon hier sind die Stämme auf 60 Meter Höhe fast gleich dick und die Bäume erreichen über 90 Meter Höhe. Bei einem umgefallenen, nicht ganz so großen Exemplar zählen wir an die 200 Jahresringe. Die Wege führen aber auch in ein Reich von Farnen und Moosen. Der Campingplatz im Hoh-Rain-Forest ist erstaunlich gut belegt. Morgen ist Labour-Day und den freien Tag nutzen noch viele zu einem langen Wochenende.